Verbesserungen in produzierenden Unternehmen sind ohne Daten aus der Produktion nicht möglich
Wie wichtig sind Daten aus der Produktion tatsächlich?
Auch dieser Beitrag ist vom wahren Leben inspiriert. In meiner Arbeit als Interim Manager bin ich noch immer sehr oft mit dem mangelnden Verständnis für die Notwendigkeit einer intensiven Datenerhebung konfrontiert.
„Wir sind ein Produktionsbetrieb, die Datenerhebung ist für uns ein Nice-to-have und steht nicht im Vordergrund. Wenn Budget übrig ist, können wir das ja mal ins Auge fassen.“
Ich kann immer wieder nur mit dem Kopf schütteln. Wie stellt man sich denn vor, die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, wenn es keine fundierten Erkenntnisse über die Kostentreiber gibt, welche es ermöglichen, gezielt die Kosten zu senken? Oder andersherum: Wie kann man den nur Kostensenkungsziele ausgeben, wenn man nicht fachkundig in der Lage ist, wirksame Maßnahmen zu ergreifen?
Produzierende Unternehmen stehen im Zeitalter von Industrie 4.0 und zunehmendem globalem Wettbewerb vor der Herausforderung, kontinuierlich effizienter, flexibler und nachhaltiger zu werden. Dabei spielt die Nutzung von Produktionsdaten eine zentrale Rolle. Ohne eine fundierte Datengrundlage bleiben Verbesserungsmaßnahmen oft ineffektiv, da sie nicht auf objektiven Erkenntnissen beruhen. In diesem Beitrag möchte ich näher beleuchten, warum Produktionsdaten unverzichtbar für Optimierungen sind, welche Daten genutzt werden können und wie sie systematisch erhoben, analysiert und für nachhaltige Verbesserungen eingesetzt werden können.
Die zentrale Rolle von Produktionsdaten
In der Produktion geht es darum, Prozesse möglichst effizient, fehlerfrei und ressourcenschonend zu gestalten. Der Kunde ist nicht bereit, für die Kosten schlechter Prozesse zu bezahlen. Verbesserungen, die ohne genaue Informationen über den aktuellen Zustand der Produktion vorgenommen werden, gleichen dem Laufen im Dunkeln. Produktionsdaten schaffen Transparenz und ermöglichen fundierte Entscheidungen.
- Transparenz: Daten machen unsichtbare Schwachstellen sichtbar. Beispielsweise können durch die Auswertung von Maschinendaten Muster erkannt werden, die zu unerwarteten Stillständen führen.
- Objektivität: Daten liefern eine faktenbasierte Grundlage für Entscheidungen. Ohne Daten stützen sich viele Maßnahmen auf Annahmen oder subjektive Beobachtungen, die fehleranfällig sind.
- Messbarkeit: Verbesserungen lassen sich nur bewerten, wenn die Ausgangssituation und die Auswirkungen von Maßnahmen durch Daten dokumentiert werden.
Ohne Daten ist keine fundierte Analyse möglich, und ohne Analyse fehlt die Grundlage für nachhaltige Prozessverbesserungen.
Welche Daten sind relevant?
Die Bandbreite an Daten, die in der Produktion gesammelt werden können, ist groß. Welche Daten relevant sind, hängt stark von den spezifischen Zielen und Herausforderungen eines Unternehmens ab. Dennoch gibt es einige Kategorien von Produktionsdaten, die in den meisten Unternehmen zentral sind:
- Maschinendaten
- Laufzeiten, Ausfallzeiten, Energieverbrauch und andere Leistungskennzahlen von Maschinen. Diese Daten helfen, die Effizienz der Anlagen zu überwachen und Optimierungspotenziale zu identifizieren.
- Prozessdaten
- Daten zu Prozessparametern wie Temperatur, Druck oder Geschwindigkeit. Diese Parameter sind entscheidend für die Qualität des Endprodukts und die Effizienz des Produktionsprozesses.
- Daten zum generierten Output: Was wurde in welchem Prozessschritt je Zeiteinheit geleistet?
- Qualitätsdaten
- Informationen über Fehler, Ausschuss und Nacharbeit. Diese Daten geben Aufschluss über die Stabilität und Zuverlässigkeit der Prozesse.
- Mitarbeiterbezogene Daten
- Arbeitszeiten, Produktivität oder Schulungsstand der Mitarbeiter. Diese Daten helfen, menschliche Einflussfaktoren besser zu verstehen.
- Material- und Lieferketten-Daten
- Daten zu Materialverfügbarkeiten, Durchlaufzeiten und Logistikprozessen. Diese Informationen sind wichtig, um Engpässe zu vermeiden und eine reibungslose Produktion zu gewährleisten.
6. Betriebswirtschaftliche Indikatoren
- Welche Betriebsleistung (Wertschöpfung) wurde je Prozessschritt und Zeiteinheit (z.B. Arbeitstag) generiert. Dieser Blickwinkel ist wichtig, um die Leistung der Produktion in Bezug auf den geplanten Umsatz zu messen. Weicht die Tagesleistung ab, können (müssen) rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden.
Wie können Produktionsdaten erhoben werden?
Die Erhebung von Daten ist der erste Schritt auf dem Weg zu datengetriebenen Verbesserungen. Mit den richtigen Technologien und Strategien lassen sich Produktionsdaten effektiv und zuverlässig erfassen.
- Sensoren und IoT-Geräte
- Maschinen und Anlagen werden zunehmend mit Sensoren ausgestattet, die in Echtzeit Daten erfassen. Dies umfasst beispielsweise Temperatur-, Druck- oder Schwingungssensoren.
- MES (Manufacturing Execution Systems)
- MES-Systeme verbinden die Maschinen- und Prozessebene mit der Managementebene. Sie sammeln und verarbeiten Produktionsdaten und stellen sie übersichtlich dar.
- ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning)
- ERP-Systeme liefern Daten über die Materialwirtschaft, Produktionsplanung und betriebswirtschaftliche Prozesse. In Kombination mit Produktionsdaten aus dem MES ergeben sich ganzheitliche Einblicke.
- Manuelle Datenerfassung
- In einigen Fällen, insbesondere in kleineren Betrieben, ist die manuelle Datenerfassung noch gängig. Digitale Formulare und Apps erleichtern diesen Prozess.
Datenanalyse: Von der Information zur Handlungsempfehlung
Die reine Erhebung von Daten reicht nicht aus. Der eigentliche Wert entsteht durch die Analyse und Interpretation dieser Daten. Dabei kommen unterschiedliche Methoden und Technologien zum Einsatz:
- Deskriptive Analyse
- Diese Methode konzentriert sich auf die Visualisierung und Beschreibung des aktuellen Zustands der Produktion. Dashboards und Berichte helfen, Trends und Muster zu erkennen.
- Diagnostische Analyse
- Hierbei werden die Ursachen von Problemen identifiziert. Beispielsweise können Maschinenfehler auf bestimmte Parameteränderungen zurückgeführt werden.
- Prädiktive Analyse
- Mithilfe von Algorithmen und maschinellem Lernen lassen sich zukünftige Ereignisse vorhersagen, z. B. der Ausfall einer Maschine.
- Preskriptive Analyse
- Die fortschrittlichste Form der Analyse liefert konkrete Handlungsempfehlungen, etwa welche Maßnahmen zur Optimierung von Prozessen ergriffen werden sollten.
Nutzen von Produktionsdaten für Verbesserungen
Der Einsatz von Produktionsdaten bietet zahlreiche Vorteile, die weit über die Effizienzsteigerung hinausgehen:
- Höhere Produktivität
- Durch die Optimierung von Prozessen und die Reduzierung von Stillständen steigt die Produktivität.
- Qualitätsverbesserung
- Produktionsdaten helfen, Qualitätsprobleme frühzeitig zu erkennen und zu beheben.
- Kostensenkung
- Durch eine gezielte Reduzierung von Ausschuss, Energieverbrauch und Materialverschwendung lassen sich Kosten erheblich senken.
- Bessere Entscheidungsfindung
- Führungskräfte können auf Grundlage von Daten fundierte Entscheidungen treffen, anstatt sich auf Bauchgefühl oder unvollständige Informationen zu verlassen.
Herausforderungen bei der Nutzung von Produktionsdaten
Trotz der offensichtlichen Vorteile gibt es auch Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt:
- Datenqualität
- Ungenaue oder unvollständige Daten können zu falschen Schlussfolgerungen führen. Daher ist es wichtig, auf die Qualität der Daten zu achten.
- Datenintegration
- Produktionsdaten stammen oft aus unterschiedlichen Systemen, die nicht miteinander kompatibel sind. Eine nahtlose Integration ist entscheidend.
- Datensicherheit
- Die zunehmende Vernetzung der Produktion erhöht die Risiken von Cyberangriffen. Schutzmaßnahmen wie Verschlüsselung und Firewalls sind unerlässlich.
- Kultureller Wandel
- Der Übergang zu einer datengetriebenen Organisation erfordert eine Veränderung der Unternehmenskultur. Mitarbeiter müssen geschult und von den Vorteilen überzeugt werden.
Fazit
Verbesserungen in produzierenden Unternehmen sind ohne Daten aus der Produktion nicht möglich. Sie bilden die Grundlage für eine transparente, objektive und faktenbasierte Entscheidungsfindung. Von der Erhebung über die Analyse bis hin zur Umsetzung von Maßnahmen bieten Produktionsdaten einen klaren Mehrwert. Die Integration moderner Technologien wie IoT und Künstliche Intelligenz macht es möglich, Daten nicht nur zu sammeln, sondern auch gezielt zur Optimierung einzusetzen.
Unternehmen, die auf Daten setzen, schaffen sich einen Wettbewerbsvorteil. Sie sind besser gerüstet, um auf Veränderungen im Markt zu reagieren, Qualität und Effizienz zu steigern und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Der Weg dahin erfordert jedoch nicht nur technische Investitionen, sondern auch eine Kultur des kontinuierlichen Lernens und Anpassens. Nur so kann das volle Potenzial der Produktionsdaten ausgeschöpft werden.