Warum renommierte Produktionsunternehmen scheitern

14. Februar 2021|Allgemein|
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Firmenideologischer und -kultureller Inzest vernichtet Arbeitsplätze

Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob es zwischen großen Produktionsunternehmen Deutschlands, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, Zusammenhänge gibt?

Meine Erfahrung: Ja, es scheint ihn zu geben: DEN Zusammenhang, der alle verbindet.

Ein sehr erfolgreiches Unternehmen mit tollen Produkten, die ihm gleichsam aus der Hand gerissen werden, verfügt über eine stabile Führung und hohe Margen. Alles läuft. Die Auftragslage ist gut, man investiert vielleicht, das Augenmerk liegt nicht auf den weniger optimalen Abläufen, denn die Mitarbeiter an der Basis wissen genau, was sie zu tun haben. Auch wenn auf den Zeichnungen nicht immer der aktuelle Stand abgebildet ist: Man hat das Know-How in den Köpfen der Leistungsträger. Die Rendite ist super.

Es hat sich ein Vorschlagswesen etabliert. Ob Vorschläge umgesetzt werden, ist abhängig von Auswahlprozessen. Vielleicht gibt es ein KVP– oder ein OPEX – Team, das Vorschläge sondiert oder umsetzt.

In diesem tollen Unternehmen gibt es alles, was das Bullshit-Bingo der letzten Jahre hergibt (Grün bei mir immer verlinkte Beiträge):

Dass wir uns nicht falsch verstehen: Alles wichtige Dinge. Aber wie fast überall existieren diese tollen Dinge nur als leere Worthülsen oder werden so gelebt, dass aus Kennzahlen und Indizien keine Ansätze zur Verbesserung resultieren oder aber sie werden nicht konsequent umgesetzt. Sie dienen rein der modernen Außendarstellung:  wie ein Überraschungsei, in dem nichts drin ist – oder eben Bullshit. Jeder im Unternehmen kennt drei- oder vierbuchstabige Abkürzungen von Tools oder Kennzahlen, die in irgendeiner Weise strapaziert werden. Der Kunde kauft, weil man augenscheinlich ganz vorne mit dabei ist. Die Verpackung glitzert.

Es gibt für jeden einen Platz. Quasi – oder echte Familienunternehmen, in denen man sich einbringen kann. Wenn man erst einmal drin ist, wird man gefördert, sofern man nicht unbequem ist und wenn man es gelernt hat, darüber zu sprechen, wenn man Gutes getan hat. In den meisten Fällen reicht es auch, beim Vorgesetzten regelmäßig anzuzeigen, wenn wieder jemand etwas nicht so gutes getan hat. Den Familienfrieden stört man nicht durch neue Blickwinkel. Jeder weiß, was er zu tun hat und alle wollen nur einfach in Ruhe das tun, was sich bewährt hat.

Plötzlich tritt ein Ereignis ein, mit dem so niemand gerechnet hat oder das Unternehmen wächst bis zum Tipping Point (Link), an dem die derzeitige Organisation in ihrer bisherigen Form den Aufgaben nicht mehr gewachsen ist.

Aber Moment mal: Nicht mehr gewachsen ist?

Wie kann es dazu kommen? 

Eine systematische Mitarbeiter-Förderung beschränkt sich auf innerbetriebliche Entwicklungsmöglichkeiten. Fluktuation oder Rente lassen Plätze frei werden, andere Mitarbeiter können nachrücken. Sie werden vielleicht während der Kündigungszeit der Vorgänger in die neue Stelle eingearbeitet, das gewachsene Wissen wird weitergegeben. Während man im Unternehmen selber groß wird, wächst man in die Firmenkultur hinein. Die letzten fachlichen Kniffe erfährt man, wenn man endlich auserkoren ist.

Möglicherweise darf man jetzt auch einmal eine Fortbildung besuchen, in den allermeisten Fällen wird jedoch das im Unternehmen erworbene Wissen als ausreichend empfunden. Ein festes Budget für fachliche Lehrgänge und Weiterbildungen gibt es nicht. Es wird angesichts des bisherigen Erfolges des Unternehmens schlicht als überflüssig empfunden. Steigt der Grad der Unzufriedenheit im Unternehmen aus irgend einem Grund, gibt es Kommunikationstrainings. Die neuen und alten Führungskräfte lernen, die Mitarbeiter beim jeweiligen Stand abzuholen – man kann auch sagen: sachlich davon zu überzeugen, dass der bisherige Weg weiter seine Gültigkeit hat ohne dass die Refokussierung in einer disziplinarischen Maßnahme mündet. Man ist jetzt in der Lage, sehr gepflegt zu konversieren, ohne das gewachsene Erfolgsmodell infrage zu stellen.

Doch wer in dieser Organisation hat die Zukunft im Blick? Wer beobachtet den Markt? Wer entwickelt die Organisation weiter – und nach welchen Maßstäben?

Ist es bei Ihnen anders?

Stellen Sie ab und zu auch mal von Außen jemanden ein? Vielleicht kommt sie oder er von einer schicken Universität und beherrscht die gängigen Buzz-Words, die man heutzutage benötigt, um sich in einem Meeting positiv hervorzutun. Besitzt diese neue Führungskraft vielleicht das, was Sie als Unternehmer sich von einem ambitionierten Abteilungsleiter wünschen? Fit im Business Slang? Ganz bestimmt ist sie oder er lernwillig und formbar, denn man möchte ja unbedingt schnell ankommen und vom Besten lernen!

Stellen wir uns nun vor, dieses erfolgreiche Unternehmen steht plötzlich vor neuen Herausforderungen.

Das kann zum Beispiel ein plötzlicher Umsatzeinbruch sein, wie wir es im Corona – Jahr 2020 erlebt haben, vielleicht ist diese neue Herausforderung auch ein Unterhmens – Zusammenschluss, vielleicht basiert die neue Herausforderung auch auf politischen Entscheidungen der Regierung.

Der Geschäftsleitung reagiert, so gut sie kann: Man kauft sich ein Buch oder befragt den frisch neu- indoktrinieren Uni-Absolventen. Der liefert Antworten in dem Stil, den er von seinem Mentor (es existiert leider kein griffiges Gegenwort zu Protegé) gelernt hat. Er fordert die Organisation auf, die Kennzahlen zu verbessern. Am besten, man ordnet es an! Das hat so etwas, dem sich keiner entziehen kann. Man zeigt jetzt Führungsstärke!

Die Führungskräfte geben jetzt alles. Raucherpausen müssen nun abgescannt werden und jeder darf nur noch 2 Mal am Tag zum Kaffeeautomat. Wer 3x Kaffee trinkt, muss zum Change Manager.

Schreiende Person

Die Maßnahmen greifen nicht. 

Die OTD (Link) geht immer weiter in den Keller. Jetzt sind wir an dem Punkt, da wir unseren Kunden neue Termine geben müssen. Klar – an diesem Punkt kommen irgendwann alle an, die lange die Augen davor verschließen, wo die Probleme wirklich liegen. Einzig:

Was ist der Plan für die Zukunft? 

Nur durch eine Neuterminierung hat man gar nichts gekonnt, außer sich etwas Luft vor dem totalen Absturz zu verschaffen. Sind wir schon an dem Punkt, an dem die Kunden das Vertrauen in unsere Arbeit verlieren? Worauf greifen wir nun zurück? Unsere Organisation kann keine Antworten liefern, denn entweder haben wir lange keinen neuen Input gewollt (warum auch?) oder den neuen Input haben wir erst einmal auf unsere Firmenkultur neu ausgerichtet.

„Sie haben zwar etwas gelernt, aber die Praxis ist noch einmal etwas anderes!“

Die Geschäftsleitung hat sich ihr eigenes Gefängnis gebaut, aus dem es keinen Ausweg gibt. Der unabhängige Blickwinkel, welcher den Umständen hätte gewachsen sein können, wurde über Jahre systematisch ausgerottet. Nicht einmal die GL kann jetzt Antworten generieren, denn im Kopf ist einfach keine Tür heraus aus dem eigenen Gedankengebäude. Nichts kann am Selbstbild der Geschäftsleitung kratzen, denn immerhin ist man ja für den Erfolg der vergangenen Jahre verantwortlich. Die Organisation ist es, die einfach nicht macht, was man ihr sagt.

Ein sehr geschätzter Kollege sagte einmal:

„Egal, wie oft Du eine Suppe umrührst, wenn Du nichts entscheidendes dazu tust, bleibt es dieselbe Suppe.“

 

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Was denken Sie, liebe Leser? 

Was bringt es, noch zusätzliche Mitarbeiter einzustellen oder intern umzubesetzen, wenn man Ihnen zum Start der neuen Aufgabe genau erklärt, wo die Ursachen sind und was am besten zu tun ist? Wenn das von der selben Geschäftsleitung erklärt wird, welche das Unternehmen bis hier her geführt hat?

Es handelt sich hier um firmenideologischen Inzest, welcher ein ähnliches Ergebnis wie in der Biologie hat. Zwar agieren andere Charaktere, welche jedoch ebenso nicht in der Lage sind, einen unabhängigen Blickwinkel einzunehmen und / oder wirksam einzubringen. Sehr wahrscheinlich, weil sie von vornherein danach ausgesucht wurden, dass sie eine ähnliche oder identische Auffassung über die Leitung einer Abteilung oder eines Unternehmens haben wie die bisherige Geschäftsleitung oder aber, weil sie glaubten gelernt zu haben, dass man nur mit der vorgegebenen Denkweise Karriere machen kann. Gerade in Konzernen sehr weit verbreitet übrigens.

Doch was ist der Ausweg? 

Am liebsten würde ich den argumentatorischen Sack jetzt zu machen. Müsste man auch, wenn es nie eine Alternative gäbe. Plausible Lösungen sind auch nicht immer kompliziert. Doch es gibt oft auch eine elegante Lösung:

Nicht jede Unternehmensleitung ist beratungsresistent. Eine super Leitung erkennt, dass sie Unterstützung benötigt, die einen anderen Blickwinkel herein bringt. Sie beweist Stärke und Souveränität, indem sie das Richtige tut.

Der neue Blickwinkel ist unabhängig und wird nicht beeinflusst.

In einer Krisensituation kann es sehr sinnvoll sein, sich als Unternehmensleitung eine zeitlang zurückzunehmen und den Turnaround   von temporären, interimistischen Führungskräften mit Erfahrung durchführen zu lassen. Nach den überwundenen Schwierigkeiten übernimmt die GL wieder und wird glücklich und zufrieden bis zur nächsten Krise, für die sie diesmal ihre Hausaufgaben rechtzeitig gemacht hat.

Doch wenn das so einfach ist, warum entscheiden sich viele Entscheidungsträger nicht dafür, was sind die Gründe? 

Wer ein Unternehmen viele Jahre erfolgreich geführt hat, gesteht sich nur schwer ein, dass man sich selber in eine Sackgasse manövriert hat. Das ist menschlich. Es ist auch menschlich ( wenn auch unternehmerisch nicht sehr klug ) ein erfolgreiches Unternehmen einfach so laufen zu lassen. Niemand rechnet wirklich mit einer echten Krise, die alles auf den Kopf stellt.

Auch in Krisen erfolgreich sind jedoch nur die Unternehmen, welche permanent – auch und gerade in guten Zeiten – an einer systematischen Mitarbeiter – Entwicklung arbeiten, bestehende Prozesse ständig hinterfragen lassen und sich am aktuellen Stand der Erkenntnisse orientieren.

Nicht einzig den derzeitigen Kunden gehört die Aufmerksamkeit, sondern der Entwicklung des Marktes insgesamt.

Wer auf dem Weltmarkt vorne bleiben will, muss zu jeder Zeit hart und selbstkritisch an sich arbeiten, Trends bestimmen und nicht ihnen hinterherlaufen. Unternehmensinhaber sind hier deutlich flexibler und selbstkritischer, denn es geht um ihr eigenes Geld. Angestellten Geschäftsleitungen geht es oft nur um Machterhalt. Sie können sich und vor anderen nicht eingestehen, dass man den aktuellen Erfordernissen schon lange nicht mehr gewachsen ist. Sehr oft wird hier die gesamte Organisation geopfert. Plötzlich kennt und benennt man einzelne „Schuldige“ am Versagen der Organisation.

Wieviel Wahrheit steckt im Peter-Prinzip ?

Wenn Ihnen das bekannt vorkommt: Sie befinden sich in prominenter Gesellschaft.

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